Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst; ich bin der Herr. 3. Mose 19,18b

 

Den meisten ist dieses Gebot der Nächstenliebe ver­traut; aber nicht alle wissen, dass es bereits in alttestamentlicher Zeit von Gott verordnet wurde. Den Nächsten zu lieben - das kann ja wohl nicht so schwer sein! Das gelingt uns leicht, wenn wir uns den Nächs­ten weit genug vom Leibe halten. Wenn wir aber unmittelbar mit ihm zusammenleben müssen, sieht es oft schon anders aus.

Der Nächste ist nicht nur der, mit dem wir die­selben Interessen verfolgen, zu dem wir uns aus Sympathie hingezogen fühlen, sondern auch unser Kollege, der uns Dinge vorhält, für die wir nichts kön­nen. Der Nächste ist auch unser Nachbar, der uns aus unerklärlichen Gründen schräg ansieht - und sei es nur darum, dass wir seiner Meinung nach einen bes­seren Wagen fahren als er. Der Nächste ist auch der Bruder in der Gemeinde, der bei geringen Dingen gleich beleidigt ist und der dann nicht mehr mit sich reden lässt.

Im Umgang mit solchen Mitmenschen sind wir oft versucht, genauso negativ zu reagieren, wie sie uns be­gegnen. Aber gerade das verbietet Gott, indem er sagt: Du sollst sie lieben! So einfach ist es mit der Nächsten­liebe also anscheinend doch nicht.

Warum fordert Gott eigentlich diese Art Liebe? Man könnte ja annehmen, es gehe ihm um den Schutz und das Wohl des anderen. Ich denke schon, dass Gott auch das im Auge hat, aber in erster Linie geht es ihm um uns selbst.

Wir sollten uns einmal die Frage stellen, ob uns Gott den „Nächsten“ nicht wie eine Art Schutzengel an den Rand des Abgrundes stellt, um uns dann durch unser richtiges Verhalten vor dem Fall in die Tiefe zu bewahren. Den Nächsten zu lieben heißt, in den unterschiedlichen Situationen an jedem Tag das Glück des anderen und damit unser eigenes zu schützen. Das ist nicht einfach. Trotzdem bleibt dies nicht unserer Lust und Laune überlassen. Denn Gott sagt: Ihr sollt den Nächsten lieben, weil ich der Herr, euer Gott bin, der euch das gebietet. Vielleicht brauchen wir diese Erinnerung gerade heute.

Lasst uns für andere Menschen ein Segen und eine Hilfe sein, sie aufbauen und unterstützen, damit sie auf diese Weise Liebe erfahren - nicht nur unsere, sondern auch etwas von der Liebe Gottes.

Heiner Lachmann

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